Vom Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) gibt es naturgemäss weder Fotos noch Videos. Die Bachwochen Thun beschreiten mit dem Projekt Bach 2.0 nun neue Wege und präsentieren den Barockkomponisten als lebenden Menschen. Möglich wurde dies dank dem Zusammenspiel von menschlicher und künstlicher Intelligenz.
Im Turmsaal von Schloss Holligen in Bern, der als Saal der ehemaligen Thomasschule Leipzig durchgehen könnte, haben die Bachwochen Thun ein Video gedreht mit Johann Sebastian Bach in der Hauptrolle. Der Kurzfilm zeigt die Fertigstellung des einzigen im Original erhaltenen authentischen Porträts von Bach, gemalt vom deutschen Maler Elias Gottlob Haussmann (1695-1774). Auf Grundlage des Haussmann-Gemäldes von 1748 wurde vom iranischen 3D-Künstler Hadi Karimi ein hochauflösendes, fotorealistisches 3D-Modell von Bachs Gesicht erstellt. In der Postproduktion des Films wurde das Gesicht des Leipziger Schauspielers Christoph Müller, der die Rolle von Bach spielt, mithilfe von künstlicher Intelligenz durch das digital rekonstruierte Gesicht Bachs ersetzt.
Bach als lebender Mensch
Dieser sogenannte Deepfake zeigt nun Bach als lebenden Menschen – also das Gesicht von Bach des Haussmann-Gemäldes auf dem Körper des Schauspielers Christoph Müller. Bach steht im Videospot für Haussmann Modell, der das Porträt des Meisters fertigstellt. Im Video sieht man, dass Bach eigentlich keine Zeit hat, Modell zu stehen, weil eine Komposition dringend fertiggestellt werden muss.
Der Clip endet mit einer Bitte Bachs, gesprochen in thüringischem Sächsisch, Bachs Muttersprache: «Doch Ihnen, hochgeehrde Liebhaber mein’r Music, sei diese Bitte gnäädch anbefohlen: Der Aufführung des gefälligen Collegium Musicum Bachwochen Thun zu assischdier´n und mir sodann Ihre geschätzte Nachricht darüber freindlichst zu ertheile!».
Ein Bild wird lebendig
Der Teheraner Designer Hadi Karimi gilt als weltweit führender Spezialist der digitalen Porträterstellung. Er hat für die Bachwochen Thun den Barockmeister wiederbelebt und damit die Grundlage für die Weltpremiere gelegt: Bach auf bewegtem Bild lebendig werden zu lassen.
Produziert wurde der rund dreiminütige Videoclip von der Berner Produktionsfirma Epic Lab unter der Regie von Andreas Graf. Für den Deepfake konnte der indische VFX-Artist Mubin Khan gewonnen werden.
Das gut erhaltene Haussmann-Gemälde von 1748 befindet sich im Bach-Archiv Leipzig. Es gilt, darin ist sich die Bach-Forschung einig, als Referenzbild für Bachs Aussehen.